Das Zentrum des Hamburger LGBTQI-Lebens stellt zweifelsohne der nordöstlich des Hamburger Hauptbahnhofs gelegene Stadtteil St. Georg dar, wo sich entlang sowie rund um die denkmalgeschützte Lange Reihe mehr als ein Dutzend schwul-lesbischer Bars, Cafés, Clubs, Shops und Saunas aneinanderreihen.
Doch auch St. Pauli und dessen Rotlichtviertel, die weltweit berühmt(berüchtigt)e Reeperbahn, wirken wie ein Magnet für queere Nachtschwärmer aus aller Welt, die auf der Suche nach einem feuchtfröhlichen Abenteuer sind.
Das Queer-Viertel St. Georg - entspannte Tage und wilde Nächte
Ob bei Tag oder Nacht, St. Georg ist rund um die Uhr einen Besuch wert. Tagsüber lädt die Lange Reihe schon allein aufgrund ihrer wunderschönen Kulisse und Hausfassaden, aber auch ihrer zahlreichen Läden und Szene-Lokalen zum Flanieren, Shoppen und Entspannen ein. An Schönwettertagen trifft Mann sich hier schon tagsüber in einem der Straßencafés, um mit Freunden zu frühstücken, Kaffee zu trinken oder ein kühles Astra zu zischen. Dabei geht es natürlich auch immer ein bisschen ums Sehen und Gesehen-Werden sowie ums Erhaschen des ein oder anderen flirty Blickkontakts mit einem der Hamburger Jungs.
Tipp: Süß und zum Anbeißen sind übrigens auch die Kuchen und Torten aus der hauseigenen Konditorei des Café Gnosas.
St. Georg mag zwar Standort des St. Marien-Doms sein, als fromm und heilig gibt sich das Viertel trotz Erzbischofsitz aber dennoch nicht – vor allem nicht zur späteren Stunde, wenn die untergehende Sonne die Nachtschwärmer aufs Parkett der schwulen Partymeile ruft. Das Publikum ist in St. Georg ebenso bunt wie die Auswahl der Gay Bars und Clubs. Während in der M&V Bar etwa studentische Mittzwanziger ihre Flirtkenntnisse unter Beweis stellen, sind es im S.L.U.T. vorwiegend Männer zwischen 30 und 50, die sich je nach Dresscode des Abends in Sportsgear, Harness und Lederschale werfen – oder sich ihrer Kleider ganz einfach vollkommen entledigen, um sich in den Darkrooms der Cruising-Area hautnah zu beschnuppern. Ausnahmen werden in puncto Dresscode übrigens keine gemacht. Wer seine Fetisch-Outfits nicht in die Reisetasche gesteckt hat, kann sich jedoch einfach bei Shops wie Brunos und Mr. Chaps die passenden Teile besorgen.
Ähnlich leicht bekleidet ist das Publikum in den Gay-Saunen des Viertels unterwegs. Ob beim Saunieren, im Dampfbad oder an der Bar, heiß geht es im Dragon und im Men’s Heaven immer her. Schließlich lässt es sich nach ein paar Drinks und im Adamskostüm besonders leicht neue Bekanntschaften machen.
Wem die verschwitzten Tiefen der Gay Saunas und Fetischwelt dann aber doch eine Nummer zu heiß sind, kann auch in der Bar Kunterbunt zum Karaoke-Mikro greifen und versuchen, mit einer leidenschaftlichen Gesangseinlage einen Partner für ein Duett (oder eine Nacht) zu gewinnen.
Ausgelassen gefeiert wird auch beim Stadtfest St. Georg. Jedes Jahr verwandelt sich der Kiez gegen Ende Mai in eine riesige Open-Air-Party. Auf der Bühne stehen etablierte Musiker und heimische Nachwuchstalente, die mit Live-Musik und kreativen Show-Einlagen für eine angemessene Beschallung und Stimmung sorgen. Zudem gibt es kulinarische Spezialitäten aus aller Welt und einen Flohmarkt, der zum Entdecken und Feilschen einlädt.
St. Pauli und die Reeperbahn – Travestiekunst im Rotlichtviertel
Zu einem richtigen Hamburg-Trip gehört natürlich auch ein Abstecher auf die Reeperbahn. Eines der Highlights von St. Pauli – und ein absolutes Must-Do für alle Fans der Drag-Kultur – ist das legendäre Pulverfass Cabaret, das bereits seit 1973 die talentiertesten Travestiekünstlern der Welt in die Hansestadt bringt. Heute steht das Etablissement als größtes Travestietheater Europas für glamouröses Entertainment, das dem Publikum mit einem Mix aus Gesang, Comedy und Männer-Striptease eine abwechslungsreiche Show bietet. Wochentags stehen täglich zwei Shows auf dem Programm, an Freitagen und Samstagen sogar drei.
m Pulverfass zum Star geworden ist auch die wohl bekannteste Drag Queen Deutschlands, Olivia Jones. Live zu sehen gibt es Olivia mittlerweile jedoch in ihrem eigenen Travestie-Theater, Olivias Show Club. Dieser liegt in der Großen Freiheit, nur wenige Schritte vom Pulverfass Cabaret entfernt. Die Grand Dame der deutschen Travestie-Szene bietet übrigens gemeinsam mit ihrer „Familie“ aus Drag Queens, Entertainern, und Ex-Zuhältern auch Kieztouren an – authentischer und unterhaltsamer könnte Sightseeing in St. Pauli kaum sein.
Regenbögen über Hamburg – Paraden und Prides
Wer Hamburg im Ausnahmezustand und ganz im Zeichen des Regenbogens erleben möchte, sollte sich das Datum der Hamburg Pride notieren. Am Höhepunkt der Pride-Week, der großen CSD-Parade, versammeln sich mehrere hunderttausend Besucher, um gemeinsam in einem bunten Party-Protestmarsch ein Zeichen für Diversität, Gleichberechtigung und Menschenrecht zu setzen. Natürlich wird die Party in den Gay Bars und Clubs der Stadt noch bis tief in den nächsten Tag hinein fortgesetzt.
Gehisst werden die Regenbogenfahnen in Hamburg jedoch mehrmals im Jahr, zum Beispiel während der Harbour Pride, die im Rahmen des Hafengeburtstags stattfindet. Gefeiert wird der HafenGAYburtstag gleich neben dem Fischmarkt an der Großen Elbstraße. Und weil ein Hafen keine Kerzen auspusten kann, gibt es zum Krönenden Anschluss noch ein Feuerwerk, das den gesamten Hafen in buntem Licht erstrahlen lässt.
Abgeschlossen wird das Pride-Jahr mit der Winter Pride in St. Georg. Beim größten schwul-lesbischen Weihnachtsmarkt Norddeutschlands muss man sich zwar auf etwas kühlere Temperaturen einstellen als bei den Prides im Frühjahr und Sommer, allerdings halten Punsch und Glühwein die eigene Körpertemperatur sowie Laune auch im Dezember deutlich über dem Gefrierpunkt.